Einen Text in Ordnung bringen
Das Wort redigieren stammt aus dem Lateinischen: Es besteht aus den Wortteilen „re“ (zurück“ und „agere“ (treiben, bewegen). Redigieren bedeutet „in Ordnung bringen“. Das wichtigste Ziel des Redigierens ist Verständlichkeit und Klarheit. Hat man sich als Autorin in einen komplexen Sachverhalt eingearbeitet hat, kann man sich beim Schreiben oft nicht mehr vorstellen, was man alles erklären muss, damit jemand den Text versteht, der mit der Materie nicht vertraut ist.
Der Autor müsse „stets eingedenk“ sein, schreibt Arthur Schopenhauer in seinem Essay Über Schriftstellerei und Stil,
daß die Gedanken insofern das Gesetz der Schwere befolgen, als sie den Weg vom Kopfe auf das Papier viel leichter, als den vom Papier zum Kopfe zurücklegen, daher ihnen hiebei mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln geholfen werden muß.
Beim Redigieren geht es nicht nur um den Transport von Inhalt aus dem Kopf des Autors in den Kopf der Leserin, sondern auch um Eleganz und Rhythmus, also um Stil. Gerade das Redigieren ästhetisch anspruchsvoller Texte ist oft eine Gratwanderung: Die Redakteurin muss die Balance halten zwischen ihrem eigenen Stil und dem des Autors. Das erfordert Einfühlungsvermögen: Eine gute Redakteurin redigiert den Text nicht so, wie sie selbst es gern sagen würde, sie muss den Stil des Autors beibehalten. Fehlt dieses Fingerspitzengefühl, geht der Ton verloren und der Autor erkennt sich selbst in seinem Text nicht wieder, auch wenn sich durch das Redigieren inhaltlich nichts geändert hat. Bei der stilistischen Verlässlichkeit des Redigierens geht es um die Wortwahl: Jeder Mensch hat bevorzugten Wörter, und für jeden gibt es wiederum Wörter, die er nie verwenden würde, weil sie nicht zu seinem Stil passen. Doch auch die Syntax ist Ausdruck eines persönlichen Stils: Die Satzstrukturen bestimmen die Dynamik eines Texts, und so wie jeder Mensch sich körperlich anders bewegt, sind auch die Bewegungen der Sprache bei jedem Autor anders.