Schreibhandwerk
Schlechte Grammatik erzeugt schlechte Sätze. (Stephen King)
Grammatik gehört zum Schreibhandwerk, und sie ist besser als ihr Ruf:
Grammatik ist keine Qual, sondern der Stab, an dem man sich hochzieht, um seine Gedanken auf die Füße zu stellen und zum Laufen zu bringen.
Im Schreibtraining lernen Sie keine Regeln auswendig. Es geht vielmehr um das Verständnis von Kräften, mit denen die Sprache auf das Bewusstsein wirkt.
Nehmen wir das Verb als Beispiel. Das Verb dynamisiert den Satz. Der Satz “Der Wind braust durch die Bäume“ lebt von seinem Verb, denn „brausen“ ist ein aktives, bildhaftes Verb. Doch solche Sätze sind in der Alltagssprache eher selten. Meist wird das Verb eher als eine Art Scharnier benutzt, um die Verbindung von zwei Wörtern herzustellen, hier kommen die Hilfsverben zum Einsatz (sein, haben, werden).
- Ich bin aufgeregt.
- Ich habe Durst.
- Ich werde krank.
Hier werden Hilfsverben (sein, haben, werden) als Vollverben benutzt.
Modalverben (müssen, sollen, wollen, dürfen, können, mögen) verändern die psychische Wirkung eines Satzes, meist ohne dass uns das bewusst wird.
- Ich muss noch bügeln.
- Ich werde bügeln.
- Ich bügle.
Nicht nur die Art des Verbs hat Folgen für die Wirkung eines Satzes, sondern auch seine Form: aktiv oder passiv.
- Frau Meyer eröffnete die Sitzung.
- Die Sitzung wurde von Frau Meyer eröffnet.
Das Passiv macht die Aussage unpersönlich, sie rückt sie von uns weg. Die Passivform kann daher die Wirkung des Satzes schwächen.
Ein gutes Schreibtraining macht aus solchen Beobachtungen keine starren Regeln. Es sind vielmehr Erkenntnisse, die dabei helfen, besser zu schreiben. Wenn Sie bewusst schreiben, ist jeder Text ein kleines Schreibtraining, denn mit dem Üben dieser Regeln kommt man nie an ein Ende.